d- und q-strom

Bisher haben wir den Gesamt-Statorstromzeiger nur in q-Richtung wirken lassen. Es gab auch keinen Grund, das Statormagnetfeld in eine andere Richtung zeigen zu lassen. Wir werden später auch Strom in d-Richtung brauchen. Deshalb erweitern wir die Gleichungen um d-Strom. Dabei lasse ich den Index S beim Strom weg. Es gibt nur Statorstrom, deshalb brauchen wir den Index nicht, um den Strom von einem anderen Strom zu unterscheiden.

Der Statorstrom kann in Anteile Id und Iq zerlegt werden.

Richtungsabhängigkeit der Induktivität

In Grundlagen der Elektrotechnik haben Sie über die Spule gelernt, dass die Induktivität vom Kernmaterial abhängt. Eine Induktivität gibt an, wie Magnetfeld und Strom verkoppelt sind. Es gilt:

In vielen Spulen – wie z. B. in der mit umlaufendem Kern in der oberen Abbildung – ist nur ein Material verbaut. Der Kern ist homogen. Der Materialparameter µr ist entscheidend für den Wert der Induktivität, denn er variiert je nach Material im Bereich von etwa [1 … 100000]. Damit können wir Spulen mit kleiner Geometrie (A und l) und dennoch sehr hoher Induktivität L bauen.

Eine Spule mit großer Induktivität L erzeugt viel verketten Fluss pro Strom. Das ist für Antriebe vorteilhaft, weil mit geringem Einsatz der elektrischen Größe viel magnetische Größe erzeugt wird.

Unser Rotor besteht aus einem Permanentmagneten, der von Eisen umgeben ist. Eine Induktivität wird durch das Material beeinflusst, durch das ihr Magnetfeld verläuft. Das Magnetfeld läuft durch den Rotor und dann außen durch den Stator wieder zurück.

Der Permanentmagnet weist ein kleines μr ≈ 1 auf. Eisen hat einen μr-Wert im Bereich von [300 … 10000]. Verlaufen viele Feldlinien durch Eisen, wird die Induktivität erhöht. Verlaufen viele Feldlinien durch den Permanentmagneten, reduziert dieser die Induktivität.

Betrachten wir zunächst die linke obere Abbildung. Der Stator erzeugt mit seinen 6 Spulen in Summe ein Magnetfeld in d-Richtung. Weil der Rotor immer in Richtung d ausgerichtet ist, verläuft ein Großteil des Felds innerhalb des Rotors durch den Permanentmagneten. Die Induktivität, die in d-Richtung wirkt, ist deshalb eher gering. Das gilt für ein Spulenpaar, das der Rotor gerade passiert. Ihre Geometrie ist genauso wie die der anderen Spulen, sie haben aber einen „schlechten“ wirksamen Kern mit geringem µr.

Betrachten wir anschließend die rechte obere Abbildung. Hier ist ein Statorfeld gezeichnet, das in Richtung q verläuft. Erneut sind nur einige Feldlinien exemplarisch eingezeichnet. Der Weg durch Eisen im Rotor ist viel länger als der durch den Permanentmagneten. Deshalb ist die Induktivität in q-Richtung eher groß. Das betrifft Spulen, die sich gerade 90° zur Ausrichtung des Permanentmagneten befinden. Die Feldlinien dieser Spulen fließen vorwiegend durch „gutes“ Eisen.

Ein Gesamt-Statorstrom in q-Richtung erzeugt also mehr Magnetfeld, als wenn wir den gleichen Strom in d-Richtung wirken lassen. Das ist praktisch, denn wir arbeiten ja (bisher) ausschließlich mit Strom in q-Richtung.

Welche Induktivität gerade groß oder klein ist, hängt von der aktuellen Rotorposition ab. Es gibt nicht mehr eine Induktivität L für alle Spulen, sondern eine in d-Richtung und eine in q-Richtung wirkende Induktivität. Wenn sich der Rotor dreht, ändert sich die Induktivität der Spulen, an denen er vorbeizieht. Aktuelle Rotoren sehen eher folgendermaßen aus:

In der oberen Abbildung ist der Weg für das Magnetfeld in q-Richtung frei. In d-Richtung blockieren Permanentmagneten das Magnetfeld. Der Nordpol der Permanentmagneten zeigt weiterhin in Richtung d-Achse.

Zum Abschluss kombinieren wir die neuen Erkenntnisse mit den Ergebnissen des letzten Kapitels. Ein Strom in d-Richtung fließt durch die Spulen, die gerade in d-Richtung (Rotorrichtung) ausgerichtet sind. Der q-Strom fließt durch die Spulen, die dazu 90° in Drehrichtung versetzt sind. Die Spulen sind natürlich immer noch 120° zueinander am Stator versetzt angeordnet. Ihr Induktivitätswert ist aber abhängig von d und q. Wir fassen die Spulen deshalb so wie die Ströme in d- und q-Induktivitäten zusammen.

Wir betrachten erneut Spannungen und Ströme im d/q-Koordinatensystem. Wir setzen Ld und Lq an Stelle von L ein:



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