Spannung und Strom während des Schaltens
Während des Umschaltend zwischen den Zuständen „geschlossen“ und „offen“ treten dynamische Verluste auf. Wir bezeichnen Verluste im Übergang von „offen“ auf „geschlossen“ als „Einschaltverluste“. „Ausschaltverluste“ treten im Übergang von „geschlossen“ auf „offen“ auf.
Um dynamische Verluste an Schaltern zu verstehen, betrachten wir zur Wiederholung noch einmal das Schaltverhalten während einer Kommutierung. Immer wenn Schalter 1 öffnet, schließt Schalter 2 (und umgekehrt). Bei jedem Umschalten der PWM öffnet und schließt jeder Schalter einmal.
Einer der Schalter ist immer als Diode ausgeführt, der andere als IGBT oder Mosfet. Ein IGBT oder Mosfet kann immer nur Strom von oben nach unten leiten. Die Diode leitet den Strom von unten nach oben. Wir setzen als Beispiel Mosfets ein. Dies ist in der Abbildung unten links dargestellt.
Der Strom fließt von links nach rechts durch die Lastspule. Deshalb fließt er niemals durch die obere Diode und niemals durch den unteren Schalter. Diese Elemente würden den Strom leiten, wenn er anders herum fließen würde. Also können wir die Schaltung vereinfachen (rechter Teil der oberen Abbildung).
Wir haben entweder den Fall, dass eine Diode öffnet und ein Mosfet schließt. Oder es schließt die Diode und der Mosfet öffnet. Wir kommutieren also immer zwischen Diode und Mosfet. Betrachten wir diese Vorgänge genauer.
Ausschalten des Mosfets
Angenommen der Strom fließt gerade durch den Mosfet. Dann liegt am Mosfet eine geringe ON-Spannung an, denn der Mosfet weist einen kleinen ON-Widerstand auf. Die ON-Spannung ist so gering, dass wir sie für die Betrachtung der dynamischen Schaltverluste vernachlässigen.
An der Diode liegt etwa die Eingangsspannung an. Durch die Diode fließt zu Beginn der Betrachtung noch kein Strom. Es liegt der linke Fall der unteren Abbildung vor.
Nach dem nächsten Umschalten soll der Strom durch die Diode fließen. Diesen Fall sehen wir in der rechten oberen Abbildung. Dann liegt am Mosfet die volle Spannung an. An der Diode liegt die Flussspannung (also ungefähr keine Spannung) an. Wie sieht der Übergang zwischen diesen Zuständen aus? Wir betrachten dafür eine stark vereinfachte Darstellung, an der das grundlegende Verhalten gezeigt wird.
Wir setzen für die Spannungen und Ströme Zahlenwerte an. Die Eingangsspannung beträgt im folgenden Beispiel 150V. Der Laststrom beträgt 100A.
Die Spannung vom Mittelpunkt zwischen den Schaltern gegen Masse bezeichne ich als Mittelpunktspannung UM. Sie beträgt etwa 150V, so lange der Mosfet leitet. Leitet die Diode, beträgt die Mittelpunktspannung etwa 0V. Der Laststrom bleibt die ganze Zeit lang konstant. Er soll nur vom Mosfet auf die Diode kommutieren. Wie sehen dazu Spannungen und Ströme an Mosfet und Diode aus?
In der oberen Abbildung unten rechts sind noch einmal Laststrom und Mittelpunktspannung dargestellt. In der linken Hälfte sind die Spannungen und Ströme am Mosfet und an der Diode dargestellt. Achten Sie dabei darauf, dass die Diodenspannung (in der Orientierung der Diode) von unten nach oben definiert ist, sie entspricht also genau der negativen Mittelpunktspannung.
Betrachten wir die Verläufe. Zum Zeitpunkt t = 0ns wird am Steuereingang des Mosfet (am Gate) die Spannung von 15V auf 0V reduziert. Damit soll der Mosfet ausgeschaltet werden. Es dauert etwa 50ns bis der Mosfet reagiert. Die Verläufe der Gate-Spannung sind hier nicht dargestellt, das wird sonst zu komplex. Wir betrachten also den Schaltvorgang ab dem Zeitpunkt t = 50ns.
Ab t = 50ns reagiert der Mosfet. Zuerst ändert sich nur die Spannung. Die Spannung UDS am Mosfet steigt an, weil sein ON-Widerstand durch die Ansteuerung größer wird. Die Spannung an der Diode wird deshalb kleiner (Masche). Die Diode ist „falsch herum“ verbaut, deshalb liegt die Spannung zunächst in Sperrrichtung an der Diode an. Erst wenn die Diodenspannung größer als die Flussspannung wird, fängt diese an Strom zu leiten. Es muss also zuerst die Spannung verändert werden, bevor die Diode Strom vom Mosfet übernehmen kann. Die Spannung ändert sich nicht sprunghaft, sondern in diesem Beispiel innerhalb von 50ns.
Ab dem Zeitpunkt t = 100ns beginnt die Diode zu leiten, weil die Diodenspannung jetzt positiv ist. Der Strom ändert sich nicht sprunghaft. Nach weiteren 50ns ist zum Zeitpunkt t = 150ns die Kommutierung vom Mosfet auf die Spule angeschlossen.
Dynamische Schaltverluste
Verlustleistung tritt auf, wenn an einem Bauelement Spannung und Strom gleichzeitig vorhanden sind. Das ist während des Umschaltens eines Mosfets und einer Diode der Fall. In der unteren Abbildung ist in grün ein grober Verlauf der Verlustleistung über die Spannungs- und Stromkurven gelegt. Bitte vollziehen Sie nach, warum an der Diode nahezu keine Verluste auftreten. Warum weisen die Verluste am Mosfet etwa die eingezeichneten Verläufe auf?
Die dynamischen Verluste pro Schaltvorgang steigen mit steigender Schaltspannung und steigendem Strom. Sie sinken, wenn das Schalten schnell erfolgt, weil dann Spannung und Strom über eine kürzere Zeitdauer gleichzeitig anliegen. Die dynamischen Verluste beim Ein- und Ausschalten können dem Datenblatt eines Schalters entnommen werden.
Einschalten des Mosfets
Betrachten wir als nächstes den anderen Fall, das der Strom vor dem Schalten durch die Diode fließt. Nach dem Schalten soll er durch den Mosfet fließen.
Mittelpunktspannung und Laststrom verhalten sich über der Zeit folgendermaßen:
So lange die Diode leitet, beträgt die Mittelpunktspannung etwa 0V. Leitet der Mosfet, beträgt sie etwa 150V. Betrachten wir erneut die Spannungen und Ströme an Mosfet und Diode:
So lange die Diode noch Strom führt, muss eine Flussspannung anliegen. Deshalb wechselt zuerst der Strom von der Diode zum Mosfet. Erst danach kann die Diodenspannung negativ werden. Schauen wir uns an, welche Verlustleistung an Mosfet und Diode entsteht:
Die Verlustleistung ist erneut in grün in die linken Grafiken eingezeichnet. Es entsteht nur dann dynamische Verlustleistung, wenn Spannung und Strom gleichzeitig auftreten.
In der folgenden Abbildung sind Öffnungs- und Schließverhalten zusammengefasst. Die obere Abbildung zeigt die Verläufe von Spannung und Strom. Darunter ist der Verlauf der Leistung dargestellt. Die Zeitachse ist nicht skaliert. Je nach Schalter dauert der Vorgang kürzer oder länger.
Reales Schaltverhalten
Das reale Verhalten ist deutlich komplexer als hier dargestellt. Wir benötigen dafür allerdings Halbleiterphysik und die Modellierung parasitärer Kondensatoren und Spulen an den Schaltern. Das übersteigt das Niveau dieses Kurses. In der Praxis gibt es ein Überschwingen von Spannung und Strom beim Schalten. Damit weist auch die reale Diode (zumindest beim Abschalten) dynamische Verluste auf. Die realen Verläufe sehen etwa so aus: