Grundlagen

In unserem Alltag laufen überall Regler. Die Temperatur Ihres Körpers (innere Kerntemperatur) wird von einem biologischen Regler auf 37°C gehalten. Ein Tempomat in einem Auto hält die Geschwindigkeit konstant. Eine Heizungsregelung kontrolliert die Temperatur in einem Raum. Alle diese Regler basieren auf sehr ähnlichen Prinzipien, mit denen sich die Regelungstechnik beschäftigt. Wenn Sie diese Prinzipien und einige Standard-Vorgehensweisen verinnerlicht haben, dann können Sie sehr viele Systeme im Laufe Ihrer technischen Laufbahn regeln.

Das Ziel der Regelungstechnik besteht darin, dass eine Größe („Regelgröße“) im System einem Sollwert entspricht. Diese allgemeine Formulierung klingt am Beispiel so: Die Körpertemperatur soll 37°C betragen. Das Problem besteht darin, dass Umgebungseinflüsse auf die Körpertemperatur wirken. Um diese zu kompensieren, muss der Körper heizen und kühlen. Er muss also auf äußere Einflüsse aktiv reagieren.

Was hat der Körper für Möglichkeiten? In der Tierwelt wächst einem Tier ein Fell. Der Körper reagiert damit auf eine zu kalte Umgebung. Es gibt auch Tiere mit einem Sommer- und einem Winterfell. Diese Tiere nehmen an, dass es im Winter im Mittel viel kälter als im Sommer ist. Wenn das einmal nicht stimmt, dann bekommt das Tier ein thermisches Problem. Das Fell zu wechseln ist ein grober Eingriff, der die Temperatur der Haut schon einmal in die richtige Richtung bewegt.

Einige Tiere suchen in ihrer Umgebung thermisch isolierte Plätze auf, an denen Sie weniger Wärme verlieren. Bei all dem geht es darum, die Wirkung der Außentemperatur auf die Kerntemperatur zu minimieren.

Wenn das nicht ausreicht und der Körper zu warm oder zu kalt wird, was kann er dann tun? Er kann heizen oder kühlen. Säugetiere heizen durch Bewegung (z. B. Zittern) oder durch erhöhten Stoffwechsel. Sie kühlen über Schwitzen, Gänsehaut und Atmung (Hunde).

Die Reaktion des Körpers auf eine „falsche“ Temperatur ist in der Wirkung begrenzt. Ein Löwe kann nicht in der Arktis überleben, dafür sind seine thermischen Eingriffsmöglichkeiten zu schwach. Mit den biologischen Mechanismen können wir immer nur rund um den Sollwert herum leichte Abweichungen kompensieren.

Der Regelkreis der Temperaturregelung eines Menschen funktioniert folgendermaßen: Der Körper kennt den Sollwert seiner Kerntemperatur. Die Abweichung ist als Sollwert minus Istwert definiert. Er kann Abweichungen nach oben und unten feststellen. Anschließend reagiert er über einen oder mehrere aktive Eingriffe so, dass die Abweichung der Körpertemperatur vom Sollwert möglichst gering ist. Im Idealfall ist sie 0, dann entspricht die Körpertemperatur dem Sollwert.

Die Abweichung „Sollwert minus Istwert“ ist positiv, wenn der Körper zu kalt ist. Dann heizt der Körper so lange, bis die Abweichung verschwindet. Ist der Körper zu warm, ist die Abweichung negativ. Dann kühlt der Körper so lange, bis die Abweichung verschwindet.

Betrachten wir ein paar Begriffe der Regelungstechnik:

Begriffe

Ein Sollwert ist eine Vorgabe, die oft von außen in das System hineingegeben wird. Sie gibt vor, welchen Wert der Istwert aufweisen soll. Der Sollwert ist eine Eingangsgröße. Im Beispiel ist es der Temperaturwert 37°C. Die Führungsgröße ist die offizielle Vokabel für den Sollwert in der Regelungstechnik.

Die Regelgröße wird durch eine Regelung so verändert, dass sie möglichst genau dem Sollwert entspricht. Die Regelgröße ist eine Ausgangsgröße. Im Beispiel ist die Körpertemperatur die Regelgröße.

Das System ist schwierig allgemein zu beschreiben. Der Körper ist das System, in dem die Temperatur geregelt wird. Das System ist etwas, in dem die Regelgröße (Istwert) vorliegt und das eine Führungsgröße (Sollwert) entgegennehmen kann.

Ein Regler ist eine technische Einrichtung – meist ein Stück Software – mit dem das Ziel der Regelungstechnik erreicht werden soll. Darin ist beschrieben, wie erreicht werden soll, dass die Regelgröße stets dem Sollwert entspricht. Der Regler wird dem System für die Regelung hinzugefügt. Im Beispiel des Körpers sind Teile des Gehirns und des Nervensystems für die Regelung verantwortlich.

Eine Störgröße beeinflusst die Regelgröße ungewollt. Sie macht dem Regler Arbeit, denn der Regler muss die Wirkung einer Störgröße auf die Regelgröße kompensieren. Störgrößen der Körpertemperatur-Regelung sind z. B. die Lufttemperatur oder der Wind. Wenn der Mensch plötzlich rennt, heizt sich sein Körper auf. Auf diese Störgröße reagiert der Körper durch Schwitzen: Er kühlt.

Der Aktor greift in das System so ein, dass sich die Regelgröße ändert. Er wird üblicherweise direkt vom Regler angesteuert. Im Beispiel ist der Aktor die Haut, über die Schwitzen und Frieren abläuft. Die Haut ändert ihr Verhalten, so dass die Körpertemperatur sinkt oder steigt. Ein weiterer Aktor ist der Stoffwechsel, der für mehr oder weniger „Wärmeproduktion“ im Körper sorgt.

Weitere Beispiele für geregelte Systeme

Die Füllhöhe eines Wassertanks in einer Chemie-Anlage soll einer Soll-Höhe entsprechen. Die Füllhöhe des Tanks ist die Regelgröße des Systems. Die Soll-Höhe ist die Führungsgröße. Der Tank ist das System. Er verfügt über einen Zulauf mit einstellbarem Ventil, über das die Zulaufmenge an Wasser eingestellt werden kann. Der Zulauf ist die Eingangsgröße des Systems. Das Ventil ist der Aktor. Aus dem Tank wird immer wieder Wasser abgezapft, so dass die Füllhöhe sinkt. Dies ist die Störgröße im System. Ein Regler hat die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Füllhöhe immer dem Sollwert entspricht, egal wie viel Wasser abgezapft wird. Der Regler steuert dafür den Aktor an.

Die Geschwindigkeit (Regelgröße) eines Autos (System) wird von einem Tempomaten geregelt. Der Fahrer gibt die Sollgeschwindigkeit (Führungsgröße) vor. Die Eingangsgröße des Systems ist das Gaspedal, das dem Steuergerät des Autos die Beschleunigung vorgibt. Der Aktor ist der Motor. Die Regelgröße ist die aktuelle Geschwindigkeit des Autos. Störgrößen, die auf die Ausgangsgröße wirken, sind u. A. Steigung der Fahrbahn, Gegenwind und Reibung. Der Tempomat ist der Regler. Er sorgt dafür, dass die Geschwindigkeit immer dem Sollwert entspricht, egal wie groß die Störgrößen sind.

Die drei Beispiele sind stark vereinfacht, um die prinzipielle Funktionsweise zu demonstrieren. Um Systeme für eine Regelung untersuchen zu können, überführen wir diese zunächst in ein Modell. Das Modell bildet ein reales System möglichst gut mit Hilfe mathematischer Gleichungen ab.

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